Erbrecht
Erben, Vererben und Schenken

In einer Zeit, in der die Nachkriegsgeneration bedeutende Vermögenswerte auf ihre Nachkommen

überträgt, ist es besonders wichtig, sich frühzeitig über die gesetzliche Erbfolge und eventuelle

Gestaltungsmöglichkeiten zur gewünschten Verteilung des Vermögens oder zur steuerlichen

Optimierung zu informieren. Wenn der Verstorbene überhaupt keine letztwillige Verfügung

(also weder ein Testament noch einen Erbvertrag) hinterlassen hat, regelt das Gesetz, wer Erbe wird.

Für kinderlose Ehepaare sieht die gesetzliche Regelung vor, dass der verbleibende Ehepartner

nach dem Tod des anderen zum Erben wird. Daneben erben aber auch die Eltern als Verwandte

zweiter Ordnung und, wenn diese schon verstorben sind, die Geschwister und deren Nachkommen.

Bei Bargeld und anderen Geldwerten führt diese Regelung nicht zu Problemen, da diese Häuser

entsprechend den gesetzlichen Anteilen aufgeteilt werden. Zählen aber Eigentumswohnungen, oder

Grundstücke zur Erbschaft, so können diese nicht einfach aufgeteilt werden. Will der verbleibende

Ehepartner das Haus für sich zum Wohnen behalten, so muss er die übrigen Erben ausbezahlen.

Ist die Ehe nicht kinderlos geblieben, so erben nach dem Tod eines Ehepartners der verbleibende

Ehepartner und die Kinder dessen Vermögen. Die übrigen Verwandten sind dann von der Erbschaft

ausgeschlossen. Der Ehepartner erbt dabei in der ehelichen Zugewinngemeinschaft ein Viertel

des Vermögens und ein Viertel als pauschalen Zugewinnausgleich; die Kinder erben das übrige

Vermögen zu gleichen Teilen. Auch in diesem Fall kommt es nicht selten unter den Erben

zum Streit über die Verwertung von Immobilien.

Die Lösung all dieser Probleme bietet in den meisten Fällen die Abfassung eines Testaments.

Durch ein Testament kann der Erblasser die Erben bestimmen und damit die gesetzliche

Erbfolge durch die von ihm gewünschte ersetzen. Andererseits können auch gesetzliche Erben

von der Erbfolge ausgeschlossen werden. In der Form des Vermächtnisses kann der Erblasser

im Testament bestimmen, dass einzelne Vermögensteile oder Gegenstände einer bestimmten

Person zukommen sollen.

Sein Testament kann der Erblasser nur persönlich verfassen. Dabei steht dem Erblasser die Form

des öffentlichen und des eigenhändigen Testaments zur Verfügung. Das öffentliche Testament hat

den Vorteil, dass es für den Nachweis der Erbschaft im Grundbuch den sonst erforderlichen

Erbschein ersetzt. Der Nachteil des öffentlichen Testaments liegt klar in den entstehenden Kosten,

da es nur zur Niederschrift bei einem Notar verfasst werden kann. Das eigenhändige Testament

dagegen muss zwingend vom Erblasser eigenhändig geschrieben und auch unterschrieben sein.

Wird es mit einer Schreibmaschine oder PC geschrieben, so ist es ungültig. Das handschriftliche

Testament kann gegen eine relativ geringe Gebühr beim Amtsgericht hinterlegt werden.

Auch in steuerlicher Hinsicht bedarf die Regelung der Erbfolge der rechtzeitigen Information und

Planung. Ganz gleich, ob es sich bei einer Zuwendung um eine Schenkung zu Lebzeiten oder im

Erbfall um einen Nachlass handelt, unterliegen die Vorfälle der Erbschafts- und Schenkungssteuer.

Die Höhe der Erbschafts- und Schenkungssteuer richtet sich danach, in welchem Verwandtschafts-

verhältnis der Erbe oder Beschenkte zu dem Erblasser oder Schenker steht. In die günstige Steuer-

klasse I fallen der Ehepartner sowie die Kinder und Enkel, während Geschwister, Schwiegerkinder

und geschiedene Ehepartner in die Steuerklasse II fallen. In die Steuerklasse III fallen alle

entfernten Verwandten wie etwa Großnichten und -neffen sowie alle nicht verwandten Erwerber.

Die nicht besteuerten Schenkungs- beziehungsweise Erbschaftssteuerfreibeträge belaufen sich

für den Ehepartner auf 307 000 Euro, für die Kinder und Stiefkinder auf jeweils 205 000 Euro sowie

für Enkel, Großenkel, Eltern und Großeltern auf jeweils 51 200 Euro. Erwerber der Steuerklasse II

haben einen Freibetrag in Höhe von je 10 300 Euro, solche der Steuerklasse III von je 5200 Euro.

Schenkt jemand seinem Ehepartner für eigene Wohnzwecke ein Haus oder eine Eigentumswohnung

zu Lebzeiten, so ist hierfür keine Schenkungssteuer zu entrichten und im Erbfall gehört das Haus

oder die Wohnung nicht mehr zur Erbmasse.

Erbrecht seit dem 1. Januar 2009

Ehepartner erben das Wohnhaus steuerfrei, wenn sie mindestens zehn Jahre selbst darin wohnen.

Der Wert und die Größe des Hauses spielen dabei keine Rolle. Anders sieht es schon für die

Kinder aus. Vorausgesetzt, auch sie wohnen mindestens zehn Jahre in dem Haus, müssen sie

das Erbe erst ab einer Obergrenze von 200 Quadratmetern versteuern. Allerdings bekommen sie

hohe Freibeträge. Das Haus dürfen sie aber weder vermieten oder verpachten.

Nicht alle nahen Verwandten kommen so gut weg wie die Ehepartner und Kinder. Schon Geschwister

dürfen sich von der neuen Regelung benachteiligt fühlen. Schuld daran sind die künftig geltenden

Freibeträge und Steuersätze.

Weil Immobilien künftig viel höher bewertet werden, gewährt der Gesetzgeber einen Ausgleich über

höhere Freibeträge. Davon profitieren aber nur Ehepartner, Kinder und Enkel. Sie werden in die

Steuerklasse I gerechnet. Für Ehepartner und eingetragene Lebenspartner steigt der Steuerfreibetrag

von 307 000 auf 500 000 Euro. Kinder können statt 205 000 nun 400 000 Euro steuerfrei erben.

Für Enkel steigt der Freibetrag von 51 200 auf 200 000 Euro.

Ärgern werden sich vor allem die Geschwister, Nichten, Neffen und alle entfernten Verwandten.

Denn die gehören ab jetzt in die Steuerklasse II. Der Freibetrag liegt nun bei 20 000 Euro.

Dafür aber steigen die Steuersätze so deutlich, dass sie viel mehr Steuern zahlen werden als bisher.

Gleich bleiben die Steuersätze in der Steuerklasse I. Hier liegen sie je nach Vermögenshöhe

weiterhin zwischen 7 und 30 Prozent. Wer künftig ein Vermögen von bis zu 75 000 Euro über den

Freibetrag hinaus erbt, muss 7 Prozent davon an den Staat abführen. Ab einem Vermögen von

26 Millionen Euro muss der Erbe den Höchstsatz zahlen. Teuer wird es dagegen in Steuerklasse II,

zu der eben auch Geschwister gehören. Alles, was über den Freibetrag hinausgeht, versteuern

sie jetzt mit 30 Prozent, bislang waren es 12 Prozent. Sehr teuer wird es für Erben der

Steuerklasse III. Die müssen künftig anstatt 17 maximal 50 Prozent an Erbschaftsteuer zahlen.

Ein Ehepartner, der eine zwei Millionen Euro teure Villa und ein 500 000 Euro schweres Wertpapier-

depot erbt, zahlt keinen Euro Erbschaftsteuer. Wenn ein Bruder jedoch das Haus seiner Schwester

erbt, muss er den Wert des Hauses, der 20 000 Euro übersteigt, mit 30 Prozent versteuern. Das heißt,

der Bruder müsste für das Haus, wenn es 200 000 Euro wert ist, 60 000 Euro an Steuern zahlen.

Neues Erbrecht seit dem 1. Januar 2010

Am 1. Januar 2010 ist das Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts in Kraft getreten.

Das Hauptanliegen der Reform ist die Modernisierung der Pflichtteilentziehungsgründe, wobei die

Höhe des Pflichtteils nicht angetastet wurde. Zudem wurden die Stundungsregelungen erweitert.

Auch Schenkungen in den letzten zehn Jahren vor dem Tod gehören nicht mehr voll zum Erbe.

Der seit 2009 geltende Eingangssteuersatz wurde nach massiver öffentlicher Kritik für Geschwister,

Neffen, Nichten, Schwiegerkinder, Schwiegereltern sowie Ex-Ehegatten von bisher 30 auf 15 Prozent

reduziert, der Spitzensteuersatz von 50 auf 43 Prozent. Der Freibetrag bleibt bei 20 000 Euro.

Weiterhin wurde eine gleitende Ausschlussfrist für den Pflichtteilergänzungsanspruch in das Gesetz

aufgenommen. Die vorgesehene bessere Honorierung von Pflegeleistungen beim Erbausgleich wurde

nur insoweit verwirklicht, dass der neue § 2057a BGB vorsieht, dass jetzt auch die Pflegeleistungen

desjenigen Abkömmlings bei der Erbausgleichung berücksichtigt werden, der nicht unter Verzicht

auf berufliches Einkommen gepflegt hat. Ein weiteres Hauptziel der Reform war die Abkürzung der

Verjährung von familien- und erbrechtlichen Ansprüchen, die jetzt der Regelverjährung von drei Jahren

und nur in Ausnahmefällen der dreißigjährigen Verjährung unterliegen.

Um die gewünschten Folgen im Erbfall sicher und richtig herbeiführen zu können, sollte man sich

zur Information und Planung frühzeitig mit einem Notar oder Steuerberater in Verbindung setzen,

der bei der Abfassung des Testaments behilflich sein kann.

Für die Richtigkeit der Angaben wird keine Gewähr übernommen! (Stand: 2010).
Startseite | Nach oben | Kontakt | Datenschutz | Impressum
© 2002 Michael Lack